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Berlin
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Weihnachtswünsche
Ich wünsche Euch ein schönes Weihnachtsfest, einen guten Rutsch ins Neue Jahr und alles erdenklich Schöne! Einfach eine angenehme Zeit!
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Einleitend:
Ich schreibe hier nicht von den Fehlern der Politikern, der Überforderung. Es ist eine schwierige Problematik, ich bin einmal mehr froh, kein Politiker sein zu (wollen) müssen. Mir geht es um den menschlichen Aspekt, der mich gerade ziemlich erschüttert.
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Ich habe mich die ganze Zeit auf meine Finger gesetzt, allerdings, nachdem ich das Video
über die Bürgerversammlung gesehen habe, geht das nicht mehr.
Vor acht Jahren bin ich von Oederan (Einwohnerzahl ca. 8 000) nach Chemnitz gezogen, aber fühle mich mit Oederan noch ziemlich verbunden. Deshalb wächst wohl auch in mir immer mehr der Gedanke, dass ich mich fremd schäme. Mich für vieles schäme, was in dieser Kleinstadt geäußert wird, mich für viele Einstellungen fremd schäme.
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Stellen wir uns an dieser Stelle bitte einmal vor, jetzt, plötzlich mitten in der Nacht, wir sind gerade eingeschlafen, bricht ein Krieg in Deutschland aus, Sirenen heulen, Bomben fallen, Häuser werden zerstört, Menschen getötet. Laute Schreie, Maschinengewehrfeuer, Flieger. Ohrenbetäubender Lärm. Vermisste Familienangehörige. Tote Familienangehörige.
Angst.
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Man will nicht weg, will aber auch überleben. Und so flüchtet man.
Wie fühlt man sich, wenn man froh ist, dass man die Kriegsregion hinter sich gelassen hat, in einen Ort „aufgeteilt/einquartiert“ wird (man das so eigentlich nicht sieht, weil man ja froh ist, dass die Flucht vorüber ist) also man dann in einem Ort ist, in dem man sich wieder nicht traut, vor die Tür zu treten, weil man bereits im Vorfeld stigmatisiert wurde. Weil einem offene Feindseligkeit entgegen prallt. Weil man wohl als Flüchtling auch Angst haben muss, in diesem Ort die Kinder draußen spielen zu lassen.
Wie fühlt man sich selbst, wenn es einem so ergehen würde?
Natürlich ist das eine andere Religion, es sind andere Lebensumstände, ein anderer Kulturkreis. Es ist ein fremdes Land, aus dem die Flüchtlinge kommen. Wie würde es uns gehen, mit dieser viel bemühten „deutschen Gründlichkeit“ (von der man nur leider allzu oft nur dann etwas bemerkt, wenn es demjenigen auch passt gründlich zu sein) in einem fremden Land? Wie kämen wir zurecht? Würde man uns überhaupt haben wollen? Wäre man neugierig auf uns? Würde man uns willkommen heißen?
Würden sich denn alle gründlichen Deutschen sofort mit der jeweiligen, dort vorherrschenden Religion identifizieren können? Diese sofort leben können?
Würde man dort von den gründlichen Deutschen erwarten, dass sie das alles schon im Vorfeld genau recherchiert haben? Vielleicht, während sie im Keller zitternd – vom Kriegsgeschehen überrascht, oder schon Wochen damit beschäftigt, einfach nur zu überleben – und betend im Keller hocken und darauf hoffen, dass der Krieg endlich endet?
Würde man erwarten, dass sie während des Kummers und der Sorge und des Kriegslärmes in der Lage sind, statt zu weinen, trauern, beten und hoffen, so nüchtern sind, und eine Fremdsprache lernen, die im Zufluchtsland gesprochen wird?
Würde man erwarten, dass man genau in dieser Zeit seine Religion/seinen Glauben (wie fremd er auf andere auch wirkt) aufgibt – wobei es doch historisch/geschichtlich belegt ist, dass es genau der Glaube ist, der einen in so schlimmen Zeiten nicht verlassen sollte, und der Trost spendet? – Ich möchte anmerken, ich bin nicht evangelisch, katholisch oder einer Religion zugehörig. Aber ich verfüge über einen gesunden Menschenverstand und Empathie.
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Sicher wird es auch unter den vielen Flüchtlingen Menschen mit verbrecherischen Ambitionen geben. Ganz sicher hat man davor Angst. Ich auch, wenn ich hier in Chemnitz nachts noch mit meinem Hund raus muss- aber ist es notwendig, dass man Menschen vorverurteilt, obwohl man sie noch gar nicht zu Gesicht bekommen hat? Denn mal ganz ehrlich – ich wohne hier auf dem Sonnenberg und wie bekannt ist, passieren dort wöchentlich einige krasse Dinge. Da werden Drogendealer geschnappt, illegale Bordelle beräumt, Zuhälter festgenommen, die sich durch die Not der Prostituierten bereichern, getötete Menschen aus Wohnungen geborgen.
Und wie viele deutsche Bürger haben auch diese Ambitionen? Gab es nicht in Oederan in der Vergangenheit auch schon einige Vorfälle, begangen von deutschen Menschen mit verbrecherischen Ambitionen? Ich weiß noch, als ich Kind war, wurde ein Mädchen vermisst, das man dann später tot und zerstückelt auffand. Und gab es nicht erst im Sommer diesen Jahres im Freibad Oederan sexuellen Missbrauch an Kindern/Minderjährigen?
Interessant in diesem Zusammenhang ist diese PDF Datei:
Polizeiliche Kriminalstatistik Sachsen, Jahresüberblick 2014
Allgemeine Hinweise: Der Begriff „allgemeine Kriminalität“ steht für die Gesamtheit aller Delikte ohne ausländerspezifische Vergehen, d. h. ohne Verstöße gegen das Aufenthaltsgesetz, Asylverfahrensgesetz und Freizügigkeitsgesetz/EU.
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Das Argument: „ich kann jetzt mein Kind nicht mehr nach 18.00 Uhr allein vor die Tür lassen…“ sorry, aber das hat wenig mit den Flüchtlingen zu tun – das ging vorher auch schon nicht mehr, wenn ich mir die ganzen Verbrechen, begangen von deutschen Mitbürgern, anschaue. Da heißt es dann nur immer: „Also dass mein Nachbar dazu fähig ist, nein, also das hätte ich nicht gedacht.“
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Ganz sicher trete ich jetzt einigen damit auf die Füße. Unklug von mir, wo ich doch am Wochenende in Oederan eine Veranstaltung habe.
Aber – siehe oben – ich kann mich leider nicht mehr auf meine Finger setzen – ich schäme mich gerade ziemlich fremd für einige Oederaner.
Und – ich bin froh und dankbar, dass es auch einige Oederaner gibt, die es ähnlich sehen wie ich.
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Merkwürdig, dass der Mensch oft vor allem Unbekannten mehr Angst als Neugier hat.
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