Vor langer Zeit, als die Welt noch nicht von Menschen besiedelt war, lebten am Wasser ausschließlich Hühner.
Sie bauten keine Nester, in die sie ihre Eier legten, sie ließen ihre Nachkommen einfach in den heißen Sand fallen und beachteten sie nicht weiter.
Diese Hühner waren auch nicht weiß oder braun oder geflammt. Sie waren nicht angenehm anzuschauen, sondern von äußerst hässlicher Gestalt. Sie hatten keine Federn, sondern dicke, borstige Stacheln. Und sie waren aggressiv. Sie waren gefräßig. Ihre Gier war grenzenlos, und es kam wohl auch vor, dass sie ihre eigenen Eier fraßen. Ständig flatterten die Kreaturen umeinander und stritten um herangespültes Strandgut. Sie fraßen alles, ganz gleich ob Stein, Sand, Ei, Fisch oder Tang. Sie fraßen sich gegenseitig auf, und ihr Zetern und Lärmen war so schrill, dass dem Einhalt geboten werden musste.
Über dem Wasser und dem Sand und dem Land lebte ein alter weiser Gott. Er hatte die Hühner in der Hoffnung auf Bereicherung geschaffen, doch das war ihm gründlich misslungen.
Tagaus, tagein ärgerte er sich und schließlich schrie er seinen Zorn heraus.
Er verfluchte sie:
„Ihr, die Ihr gierig und bösartig am Wasser lebt, Ihr, die Ihr vor nichts Halt macht, Ihr, die Ihr Euch gegenseitig verschlingt, Ihr sollt zu Stein werden! Da, wo Euer Herz ist, Ihr Gefräßigen, da wo Euer Herz ist, soll ein Loch sein. Ein Loch, durch das die Gezeiten fließen. Ihr sollt versteinern und Euer Herz soll ein Loch sein!“
Und so geschah es. Die Kreaturen wurden zu Stein.
Und da, wo einst ihr Herz war, wurde ein Loch, durch das die Gezeiten fließen.
(c) hh
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